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KjG ePaper #1 2014 - 11 // Spitzer >> I Got a Hangover

SPITZER // MITREDEN 11 Die Stimmung ist super, alle haben Spaß. Noch ein Gläschen kann doch nicht schaden? Was hilft, wenn es darum geht, Nein zu sagen. TEXT // Teresa Walter, moxie Jeder kennt ihn, manche lehnen ihn strikt ab, andere sehen in ihm ihren besten Freund: Alkohol. Eine farblose, brennend schmeckende, leicht entzündliche Flüssigkeit mit einem Sie- depunkt von 78,3 Grad Celsius. Er wird gewöhnlich durch die Gärung von Zuckerarten gewonnen, die durch Hefe in Alkohol und Kohlendioxid gespalten werden. Außerdem wirkt er toxisch auf das zentrale und periphere Nervensystem, – deswegen auch die „lustigen“ Gesten und Gelenkverrenkungen bei Be- trunkenen – auf Leber und andere Organe. Die meisten von uns werden jetzt denken: „Na und?“ Ein Glas hat noch niemandem geschadet, im Gegenteil, Alkohol kann verbinden und Hemmungen abbauen, auf Menschen zuzuge- hen. Und spätestens, wenn man als nüchterner „Langweiler“ sich durch eine Horde besoffener Partygänger kämpft, oder schon mal die obligatorischen Fahrerin gespielt hat, möchte man lieber mittrinken als außen vor zu bleiben. Der Typ mit dem komischen Haarschnitt, den deine Freundin vor einer Stun- de noch total langweilig fand? Steht jetzt auf dem Tisch und grölt„Biene Maja“. Sie daneben, total begeistert. Wieso er vor kurzem noch langweilig war?Weil sie da noch kei- nen Alkohol getrunken hatte. Und er auch nicht. Ein bisschen Spaß muss sein. Jetzt will den Typ niemand mehr ausgrenzen, er steht im Mittelpunkt, kann die Sorgen vergessen, den Streit mit den Eltern, seinen Liebeskummer. Nun denkt er, er kann I Got a Hangover fliegen. Macht Witze und alle lachen. Und kann sich einreden, dass er echte Freunde gefunden hat. Aber sind sie das? Men- schen, die aufgrund einer Droge mit einem Menschen Spaß haben und die acht Stunden später schlecht über ihn reden werden? Schlimmer geht immer: Bilder von ihm in bierbesu- delten T-Shirt und Unterhose tauchen bei Facebook auf. Spaß zu haben ist toll, aber Spaß ist nicht gleich Alkohol. Es wäre doch toll, wenn wir sagen können: Ja, den schüchternen Jungen habe ich bemerkt. Zuerst dachte ich:„Was ist das denn für einer?“. Aber als wir uns unterhalten haben, stellt sich her- aus, dass er supernett ist. Er erzählte Witze und wusste am Tag danach noch die Namen der Leute, denn er trank keinen„über den Durst“, um cool zu wirken. Für seine Überzeugungen einzustehen, auch wenn man mal schief angeschaut wird oder wenn es Leute gibt, die sich darü- ber lustig machen, das erinnert uns doch an jemanden oder? Genau: an Thomas Morus. Ein Mensch, der so fest an seine Überzeugungen geglaubt hat, dass ihn nichts davon abbrin- gen konnte. Und der dies auch gezeigt hat, ohne sich zu ver- stecken oder sich Gedanken darum zu machen, was andere von ihm halten. Na klar, Thomas Morus lebte im 16. Jahrhundert und ist kein Mensch, von dem es Poster zu kaufen gibt. Aber dennoch kann etwas von ihm in uns allen stecken. Wenn wir uns trauen.

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