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moxie – Das Magazin der KjG.

Contra von IDA e.V.-Geschäftsführer Ansgar Drücker

DEBATTE // MITREDEN 09 Für mich ist Spiritualität etwas sehr Persönliches – sobald sie zu Markte getragen wird, werde ich skeptisch. Ich halte Reli- gion zwar nicht notwendigerweise für eine Privatsache, aber ich fände es in politischen Diskussionen unpassend, die eigene Position so darzustellen, als sei sie durch Spiritualität quasi ver- edelt oder besser legitimiert. Daher beschränkt sich mein posi- tiver Blick auf Spiritualität darauf, dass ich anerkenne, dass sie für FreundInnen und KollegInnen ein Kraftquell, eine Möglich- keit zum Innehalten und damit auch zur Reflexion des eigenen Handelns ist. Ich kann mich aber auch an manche Gesprächssi- tuation über politische Fragen erinnern, in der das Einflechten von spirituellen Herleitungen fast zum Kommunikationskiller wurde, weil das Gegenüber damit nichts anfangen konnte oder weil die Begründung aus einer Sphäre entnommen wird, die dem oder der Anderen nicht offensteht. Politisch gefährlich fände ich eine Spiritualität, die als Flucht vor der Wirklichkeit oder als esoterisch aufgeladene Argumen- tation in politischen Diskussionen daherkommt. Stoßen würde ich mich auch an einer spirituell begründeten, aber de facto religiös-dogmatischen Position eines„Hier stehe ich und kann nicht anders“, zumal Angehörige derselben Religion im Zwei- felsfall mit derselben Berufung auf das Spirituell-religiöse genau das Gegenteil behaupten könnten. Derartige Positionierungen stehen einer Verständigung und den notwendigen Aushand- lungsprozessen in einer vielfältigen Gesellschaft eher imWege. KEINE FLUCHT AUS VERANTWORTUNG Wer Spiritualität als Chance nutzt, Distanz zu sich selbst einzu- nehmen, nicht nur um sich selbst zu kreisen und sich selbst nicht zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen, nutzt sie als indivi- duelle Ressource. Dennoch haben mich persönlich häufig Menschen stärker beeindruckt, die eine klar menschenfreund- liche gesellschaftliche Positionierung auch ohne göttlichen oder religiösen Auftrag überzeugend einnehmen. Gerade bei katholischen FreundInnen erlebe ich – bei häufig großer Distanz zur Amtskirche und bei allen Zweifeln im Glau- ben – dennoch eine starke emotionale Bindung an das, was auch immer für sie jeweils Kirche ist. Das dürfte auch bei den- jenigen, die mit dem Wort nichts anfangen können, viel mit Spiritualität zu tun haben. Jedenfalls hat Spiritualität für mich auch eine stark emotionale Konnotation – und gerade deshalb lege ich Wert darauf, dass sie sich nicht als Flucht aus der Wirk- lichkeit oder aus der Verantwortung im Alltag und in der Ge- sellschaft äußern sollte. TEXT // Ansgar Drücker »Spirituell begründete dogmatische Positionen stehen der Verständigung in einer vielfältigen Gesellschaft im Wege.« Ansgar Drücker hat seine Wurzeln in der katholi- schen Jugendverbandsarbeit, war langjähriger Geschäftsführer der Na- turfreundejugendDeutschlandsund leitet jetzt das bundesweit tätige Informations-undDokumentations- zentrum für Antirassismusarbeit in Düsseldorf (www.idaev.de).

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